Tag 1 – Anreise von München über Kiew nach Delhi
Nun war der langersehnte Tag endlich gekommen. Der Flug zu meinem ersten Ziel des großen Abenteuers – Delhi, Indien – stand kurz bevor. Mittags machte ich mich mit meinem Rucksack auf den Weg zum Flughafen.
Ich hatte mich für den Flug mit der Ukraine International Airline entschieden, da es bei Weitem der Günstigste war und habe es auch nicht bereut. Zwar war das Flugzeug und der gesamte Komfort eher Kurz- oder Mittelstreckenniveau – kein Entertainment, auf dem Flug nach Kiew auch kein Essen – aber im Großen und Ganzen war das Preis-Leistung-Verhältnis sehr gut.
Es verlief alles nach Plan und ich landete am Sonntag um 7:30 Uhr Ortszeit in Neu Delhi.
Tag 2 – Delhi erkunden auf eigene Faust – Meine ersten Eindrücke
Für Indien hatte ich eine Rundtour mit dem Gruppenreise-Veranstalter G Adventures gebucht, die ich nur empfehlen kann. Ich war mit G Adventures letztes Jahr schon in Mittelamerika und beide Trips waren sehr gut organisiert und durch die einheimischen Guides habe ich viel über die Länder und Kulturen gelernt.
Am Flughafen in Neu Delhi angekommen, sollte ich in Empfang genommen und zum Hotel gebracht werden.
Nachdem ich also die Pass- und Visa-Kontrollen erfolgreich hinter mich gebracht und meinen Rucksack vom Gepäckband gehievt hatte, hielt ich Ausschau nach einem G Adventures Schild.
Es standen eine Menge Leute mit Schildern im Ausgangsbereich, aber das vertraute lila Logo konnte ich nicht finden. Ok, Ruhe bewahren, dachte ich mir und lief unruhig auf und ab.
Erst einmal Geld besorgen. Ich tauschte ein paar Euro in indische Rupien.
Dann drehte ich noch eine Runde, aber wieder kein Zeichen dafür, dass jemand auf mich wartete.
Hm… vielleicht hatten sie ja eine Mail geschrieben. Nach einigen Anläufen konnte ich mich ins WLAN einloggen. Nichts.
Ok, ich kannte die Adresse, dann musste ich eben ein Taxi nehmen. Ich verließ die Eingangshalle in Richtung Taxistände und da kam mir schon ein wild winkender Mann mit einem G Adventure Schild entgegen, der meinen Namen schrie. Nicht weiter verwunderlich, dass er mich gleich erkannte, denn außer den zwei britischen Mädels, die schon bei ihm waren, waren fast nur Inder unterwegs. Ich war sehr erleichtert, dass die erste Preisverhandlung mit den Einheimischen nun noch etwas auf sich warten ließ.
Im Hotel trafen wir auf unseren einheimischen Tour Guide und da ich noch auf mein Zimmer warten musste, unterhielt ich mich noch ein bisschen mit ihm. Er komme aus Rajasthan und zeigte mir stolz Bilder von seinem Kanada Urlaub, in dem er zum ersten Mal Schnee gesehen habe.
Unsere Tour startete erst am Abend mit einem gemeinsamen Essen und da es noch früher Morgen war und ich nur ungern den ganzen Tag im Hotel verbringen wollte, fragte ich ihn, ob es denn sicher sei, wenn ich allein die Gegend erkunde.
Er meinte, das sei gar kein Problem, es gäbe da auch einen schönen Markt in der Nähe. Ich müsse nur auf meine Wertsachen aufpassen.
Das ermutigte mich nach einem kleinen Schläfchen und einer Dusche, mich auf eigene Faust ins Getümmel zu stützen.
Es herrschte großer Trubel – Autos, Rikschas, Tuk Tuks, Motorroller, kleinere LKWs, Fahrräder, Fußgänger – alle teilten sie sich die kleine Straße vor unserem Hotel. Nachdem ich 20 Meter gelaufen war, warf ich einen Blick zurück in Richtung Hotel und dachte mir, ich werde niemals zurückfinden, da ich den kleinen Eingang schon jetzt nicht mehr zwischen den gleichen Fassaden und Lastern, erkennen konnte. Da viel mir ein, dass ich mir ja extra eine offline Karte heruntergeladen hatte und das Hotel auch schon markiert hatte. Zum Glück war ich gut vorbereitet ;).
Ganz wohl war mir trotzdem nicht, was neben dem Lärm und der ständigen Angst angefahren zu werden, besonders daran lag, dass ich die ersten zehn Minuten keine einzige Frau auf der Straße gesehen hatte, geschweigeden eine weiße.
Ich rief mir die Worte des Guides in Erinnerung und dachte, der werde die Gegend schon richtig einschätzen können. Also zog ich weiter, nun in Richtung des angekündigten Marktes. Ich war schon bei der Ankunft hungrig gewesen und mittlerweile war es 1 Uhr. Ich brauchte also dringend was zu Essen. Ich war kurz davor in einen McDonalds zu gehen, was ich zu Hause nie mache, als ich auf Google Maps ein gut klingendes Restaurant ganz in der Nähe sah. Und das war eine ausgezeichnete Entscheidung. Es wurden allerlei Schälchen mit Gemüse und Soßen und dazu verschiedene Brote aufgetischt. Es schmeckte einfach himmlisch. So konnte es weitergehen :).
Frisch gestärkt zog ich noch etwas durch die Straßen mit Geschäften und ein paar Ständen und sah dann auch zum ersten Mal ein paar Weiße und jetzt auch viele indische Frauen herumlaufen. Das beruhigte mich dann doch etwas.
Ich nahm einen anderen Weg zurück, weil es auf Google Maps so aussah, als gäbe es ganz in der Nähe einen großen Park. Dieser war aber umzäunt, bzw. handelte es sich um Schulen und außen herum war alles sehr vermüllt und von Obdachlosen besetzt. Ein beißender Gestank und kein schöner Anblick. Schnell weg hier, dachte ich mir. Schnell ging es dann leider nicht, da ich an jeder größeren Straße Minuten warten musste, bis sich mal die Gelegenheit ergab, zwischen den Fahrzeugen hindurchzuhuschen.
Nach zwei Stunden Stadtgetümmel war ich froh erst einmal wieder sicher im Hotel angekommen zu sein und meine Zimmermitbewohnerin kennenzulernen, die in der Zwischenzeit angekommen war.
Um 18 Uhr hatten wir dann unsere Einführungsveranstaltung und ich lernte den Rest der Gruppe kennen. Wir waren 16 Leute und neben zwei Kanadierinnen, waren alle aus Großbritannien bzw. Irland. Nach einer Stunde Informationen zu unserem Trip machten wir uns gemeinsam zum Dinner auf. Von unserem Guide bekamen wir einige Essens-Empfehlungen und es schmeckte wieder großartig. Daran konnte man sich gewöhnen.
Tag 3 – Delhi und Fahrt nach Agra
Um 8 Uhr stiegen wir mit all unserem Gepäck in einen privaten Bus, der uns die nächsten Tage herumfahren sollte. Unser erster Stopp war in Old Delhi, wo wir eine Führung von einem ehemaligen Straßenkind bekommen sollten. Organisiert wurde dieser Stadtrundgang von der Organisation Salaam Baalak Trust, die Straßenkinder die Chance bietet, in ein normales Leben zurückzufinden. Die Kinder bekommen ein Zuhause und können zur Schule gehen. Vielen Tausenden wird so jedes Jahr geholfen.
2 Millionen Kinder leben in Indien auf der Straße. Viele sind von ihren Familien auf dem Land abgehauen, da sie geschlagen wurden, oder zwangsverheiratet werden sollten. Die Jungen verdienen ihr Geld mit betteln, Schuhe putzen oder anderen kleinen Dienstleistungen, den Mädchen bleibt oft nur der Weg in die Prostitution. Ihren Tageslohn müssen sie sofort wieder ausgeben, da andernfalls nachts die Gefahr droht, ausgeraubt zu werden. Drogen und Entertainment sind dabei am beliebtesten. Sie trinken Alkohol und rauchen Pot oder genießen die Kühle und Ruhe im Kino.
Als wir nach dem Rundgang auf unseren Bus warteten, fragte mich ein Mann, ob er mich mit seiner Frau zusammen fotografieren durfte. Meine Zimmergenossin war daraufhin überzeugt, dass ich berühmt sein müsse und fragte mich aus, was ich denn zu Hause arbeite und für warum mich die Menschen mich kennen würden. Die Fragen amüsierten mich noch die nächsten Tage. Ich erklärte ihr, dass ich schon daheim von mehreren Leuten gewarnt wurde, dass Inder gerne Bilder mit Weißen machten und ihr das sicher auch noch blühte.
Danach ging es weiter in einen Tempel, in dem wir einer Zeremonie beiwohnen durften.
Außerdem besuchten wir in einem separaten Gebäude eine große Küche, in der Essen für eine Armenspeisung gekocht wurde.
Der nächste Stopp an diesem Tag sollte eine Moschee sein. Auf dem Fußweg dorthin gingen wir durch viele kleine Gassen mit Geschäften, die ausschließlich Waren für Hochzeiten anboten, von kitschiger Tischdekoration, über Schmuck bis zu Saris konnte dort alles in verschiedenen Qualitäts- und Preisklassen erworben werden.
An einem kleinen Stand an einer sehr belebten Kreuzung kaufte uns unser Guide, Abhi, einen typischen Snack, Samosa – frittierte, mit Kartoffel und Linsen gefüllte Teigtaschen.
Die Moschee bestand hauptsächlich aus einem großen Außengelände, gerahmt von überdachten, aber zu den Seiten hin offenen Bereichen. Wir hatten freie Zeit und nachdem ich mir die Anlage angeschaut hatte, setzte ich mich in den Schatten, um die Leute zu beobachten. Dort wurde ich dann aber nahezu überrannt von Indern, die sich unbedingt mit mir ablichten lassen wollten. Nachdem eine Person sich getraut hatte zu fragen, nahm der Ansturm kein Ende mehr. Ganze Familien wollten mit mir auf ein Bild. Ein kleiner Bub, um die 2, 3 Jahre alt, sollte neben mir sitzen. Man sah das nackte Entsetzen in seinen Augen, so große Angst hatte er vor mir. Er wehrte sich schreiend, was die Eltern sehr amüsierte. Immer mehr Leute kamen und sie waren sehr traurig, als ich mich schnellen Schrittes auf den Weg zum Ausgang machte.
Draußen angekommen, berichteten auch andere davon, dass ihnen die Selfies zu viel geworden seien und sie Reißaus genommen hatten.
Wir amüsierten uns darüber, dass wir jetzt alle Hollywood Filmstars seien, waren aber trotzdem froh, als wir wieder im Bus saßen und unsere Ruhe hatten. Nun ging es mit einem Mittagessen-Stopp weiter nach Agar.